Lea Gräfenhahn berichtet aus New Baltimore (Michigan / USA)
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Erfahrungsbericht
USA, Michigan, New Baltimore

Jahr: 2005/2006

Anfang der 10. Klasse entschloss ich mich dazu, die 11. Klasse im Ausland zu verbringen. Ich wollte neue Erfahrung sammeln und eine fremde Kultur kennen lernen. Ich entschied mich für die USA und bewarb mich bei team! Nach einem Englisch Test und einem persönlichen Gespräch bekam ich die Zusage. Als ich dann im April einen Brief von team! bekam, war ich sehr aufgeregt, denn ich wusste, ich würde sogleich erfahren, wo ich das nächste Schuljahr leben werde. In dem Brief stand, dass ich nach New Baltimore, Michigan komme. Ich guckte sofort im Atlas nach, wo das liegt. New Baltimore ist ca. 1 Stunde von Detroit entfernt und liegt direkt an einem See. Meine Gastfamilie bestand aus meiner Gastmutter, meinem Gastvater, meiner Gastschwester (die in meinem Alter war) und 2 Hunden.

Da auch eine E-Mail Adresse angegeben war, kontaktierte ich meine Gastfamilie wenig später. Bis zu meinem Abflug hatte ich also schon ein paar Eindrücke von meiner zukünftigen Familie bekommen, wusste aber noch nicht, wie sie aussehen.

Der Tag des Abfluges rückte immer näher und ich wurde zunehmend nervöser. Der Abschied von meiner Familie in Deutschland war schwer, aber da ich wusste, ich würde sie in einem Jahr wieder sehen und ich sehr neugierig auf meine Gastfamilie war, war der Kummer bald vergessen.

In New York angekommen machte ich mit anderen Austauschschülern eine 4 Tages Rundreise, bei der man schon etwas den „american lifestyle“ kennen lernte.

Als ich dann in Detroit am Flughafen ankam, war ich sehr nervös. Was, wenn meine Gastfamilie mich nicht erkennt oder sie gar nicht kämen? Doch diese Zweifel waren natürlich total unberechtigt. Als ich in die Ankunftshalle kam, hörte ich jemanden meinen Namen rufen und sah eine Frau wild mit den Armen in der Luft wedeln. Auf einem Schild stand: „Welcome to the USA, Lea!“. Ich war sehr erleichtert, dass ich sie sofort gefunden hatte. Ich wurde von meiner Gastmutter mit einer herzlichen Umarmung begrüßt. Meine Gastschwester und mein Gastvater waren jedoch etwas zurückhaltender. Auf der Fahrt zu meinem neuen Zuhause stellte meine Gastmutter mir tausend Fragen, wovon ich nur die hälfte verstand. Manchmal sagte ich einfach nur „Ja!“, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich gerade bejaht hatte. Meine Gastschwester redete gar nicht mit mir. Erst als wir angekommen waren fing sie an, sich mit mir zu unterhalten und mir das Haus zu zeigen.

In der 1. Woche waren noch Ferien. In dieser Zeit kamen viele Freunde und Verwandte meiner Gastfamilie vorbei, weil sie mich alle kennen lernen wollten.

Heimweh hatte ich zu der Zeit noch nicht.

Einen Tag vor Schulbeginn musste ich meine Kurse wählen. Mit der Beratung meiner Gastschwester wählte ich im ersten Semester Französisch, Child Development 1, Statistics, Health, Government und American History. Für das 2. Semester wählte ich Writing, Foods, Psychology, Französisch, Statistics und Child Development 2. Ich wurde in die 12. Klasse, also als senior eingestuft. Doch leider wurde mir nicht erlaubt, auf der Schule den Abschluss zu machen.

Meine Schule fing jeden tag um 7:20 an und endete um 14:01. Diese komische Zeit kam durch die 6 minütigen Pausen zustande. Meine Schule war sehr groß und ich brauchte etwas Zeit, um mich zu Recht zu finden. Mit meinem Schließfach hatte ich anfangs auch Probleme, doch fand ich immer jemanden, der mir half, es zu öffnen. Alle Lehrer waren sehr nett zu mir und halfen mir, alles zu verstehen und zurechtzukommen.

Zu meiner Gastschwester hatte ich bis dahin noch keine richtige Beziehung aufgebaut, doch das änderte sich bald. Meine Gastmutter fragte mich, ob ich Lust hätte, bei meiner Gastschwester ins cheerleading team einzutreten. Ich war erst nicht so begeistert, weil ich dieses rumgehoppse albern fand. Doch schließlich ließ ich mich überreden und tat damit den ersten Schritt zu der Freundschaft mit meiner Gastschwester. Im ersten Monat lernten wir uns dadurch noch näher und besser kennen. Schon bald waren wir beste Freunde und unzertrennlich. Es gab uns nur noch im Doppelpack. Sie nahm mich überall mit und all ihre Freunde wurden auch meine Freunde. Diese enge Freundschaft half mir auch sehr, über mein Heimweh hinwegzukommen.

Als homecoming (ein Ball zum ende der Football season) immer näher rückte, begaben meine Gastschwester und ich uns auf die Suche nach dem richtigen Kleid, Schuhen und Schmuck und machten einen Termin beim Friseur aus. Dieser Ball ist sehr beliebt bei den Amerikanern. Traditioneller Weise wird man zu diesem Ball von einem Jungen eingeladen, man geht vorher essen und danach eventuell noch auf eine Party. Doch meine Freunde und ich entschlossen und dazu, als Mädchen Gruppe zu gehen. Es war ein sehr schöner Abend.

An Weihnachten hatte ich großes Heimweh, doch bemühten sich alle um mich. Es gab ein großes Fest mit vielen Verwandten und vielen Geschenken.

Von Sylvester war ich eher enttäuscht. Es gab keine Feuerwerk und ich verbrachte die ersten Stunden des neuen Jahres damit, mit meinen freunden DVD zu gucken.

Auf die Osterferien freute ich mich sehr, weil meine Mutter und meine Schwester mich besuchen wollten. Im Nachhinein muss ich jedoch sagen, dass dies eine schlechte Idee war. Ich wusste nicht recht, wie ich damit umgehen sollte, dass sich meine 2 Welten (die deutsche und die amerikanische) miteinander vermischten. Ich hatte eine schöne Zeit mit meiner Mutter und meiner Schwester, würde aber niemanden empfehlen, seine deutsche Familie innerhalb dieses Jahres zu sehen.

Das Jahr ging sehr schnell um und bevor ich mich versah, rückte der Termin des Abfluges immer näher. Einerseits freute ich mich auf Deutschland, andererseits wollte ich meine neue Familie nicht zurücklassen. Am Tag meines Abflugs kamen alle meine Freunden um mich zum Flughafen zu bringen. Wir weinten alle sehr viel, vor allem meine Gastschwester und ich. Unsere Freundschaft war über die Monate so eng geworden, dass wir uns nicht vorstellen konnten, ohne einander zu leben. Aber mit der Zeit können wir damit umgehen. Jetzt, 3 Jahre nach meinem Austausch, verbindet uns immer noch eine enge Freundschaft. Ich habe sie seitdem mehrmals besucht und sie war auch schon bei mir in Deutschland.

Dieses Jahr war eines der schönsten in meinem ganzen leben. Ich musste zwar feststellen, dass ich den „american lifestyle“ nicht mag (das Essen, überall fährt man mit dem Auto hin etc.) trotzdem würde ich dieses Jahr immer wieder machen. Ich bin dadurch viel aufgeschlossener und toleranter geworden und konnte mir eine eigene Meinung über die USA bilden.

Ich empfehle jedem, der die Chance hat ein Jahr im Ausland zu verbringen, diese wahr zu nehmen. Es wird ein unvergessliches Erlebnis werden.

 

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