Tanja Fischer berichtet von der Clear Lake High School - Seabrook (Texas / USA)
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Am 16. August ging das lang geplante Abenteuer Amerika für mich los. Nach einem ziemlich turbulenten Flug von Düsseldorf, über Frankfurt und Chicago, kam ich endlich in Houston, Texas, an. Meine erste Sorge war, dass ich meine Gasteltern überhaupt erkennen würde, schließlich hatte ich meine Gasteltern Mike und Karen (später nur noch Mom und Dad) und meinen Gastbruder Kurt nur auf einem Foto gesehen. Außerdem war ich nicht sicher, ob ich den texanischen Akzent auch verstehen könnte. Doch nachdem mein Gastvater mich gefunden und nach typisch texanischer Art erstmal umarmt hatte, war die erste Angst schon überwunden.

Als nächstes sollte ich in Texas ja auch zur Schule gehen. Ich hatte vorher schon viel von amerikanischen High Schools gehört und war unheimlich neugierig, ob alles wirklich so ist. . Am Freitag hatte ich schon aus dem riesigen Fächerangebot die 7 Fächer ausgesucht, die es für mich sein sollten.
Am Montag morgen war es dann soweit. Ich betrat um sieben Uhr morgens zum ersten Mal die Clear Lake High School, in der ich die nächsten drei Monate lernen und einen Großteil des Tages verbringen sollte. Alles war viel größer als ich es mir vorgestellt hatte. Meine neue Schule hatte 4000 Schüler und ca. 200 Lehrer. Es gab zwei große Gebäude, das 9th Grade Center, in dem „nur“ die 1000 Schüler der neunten Klasse (die so genannten Fish oder Freshmen) untergebracht waren; das andere Gebäude war das Main Building, in dem alle anderen Schüler (Sophomores, Juniors und Seniors) untergebracht waren.
Das erste, was ich an diesem Montag tat, war meine Klassenräume suchen. Da man in Amerika jeden Tag die gleichen Fächer in derselben Reihenfolge hat, beschränkte sich die Suche auf sieben Räume, meinen Spind und die Cafeteria, was sich aber schon als schwierig erwies. Letztendlich schaffte ich es aber pünktlich zu meiner ersten Stunde. Es handelte sich um Criminal Justice (amerikanisches Rechts- und Polizeisystem). Mein Lehrer war ein echter Cop und unterrichtete jeden Tag mit Waffe und Handschellen (was zu einigen Verwirrungen in der Schule führte, als er aus Spaß einen der besten Footballspieler verhaftete). Dieser Kurs hat eine Menge Spaß gemacht und war nur ab und zu ein bisschen langweilig.
Meine nächste Stunde war Englisch. An meinem ersten Tag war ich ganz schön deprimiert, weil ich fast nichts von dem verstand, was man im Unterricht machte. Doch im Laufe der Zeit wurde mein Englischverständnis besser und schon nach ein paar Tagen hatte ich (fast) keine Probleme mehr und gleichzeitig eine richtig gute Freundin gefunden. In Englisch lasen wir eine ganze Menge Bücher, Gedichte und Biografien.
Nach der Englischstunde hatte ich dann P.E., was soviel wie Sport ist. Hier machten wir alle möglichen verschiedenen Sachen. Unser Coach (wie alle Lehrer genannt werden, die in entferntester Weise etwas mit Sport zu tun haben) ließ sich immer wieder etwas Neues einfallen, um uns zu beschäftigen. So liefen wir montags eine Meile, dienstags wurde Badminton gespielt, mittwochs sollten wir um die Schule laufen (das waren ca. 2 ½ Meilen), donnerstags spielten wir Tennis oder gingen im schuleigenen Pool schwimmen und freitags spielten wir verschiedene Ballspiele. Nach der Sportstunde war ich immer ganz schön erledigt, hatte aber noch genug Zeit zu duschen.
Gott sei Dank hatte ich nach Sport meinen leichtesten Kurs, nämlich Deutsch. Was soll ich schon groß zu Deutsch sagen? Meine Lehrerin war Amerikanerin, was sie manchmal dazu verleitete, ganz neue Wörter zu kreieren, wie zum Beispiel „Pruennen“ (was Brunnen heißen sollte und ganz schön schwierig zu verstehen war).
Nach dieser sehr „schweren“ Stunde führte mich mein Weg in Richtung Algebra. Mein Algebrakurs war ebenfalls nicht besonders schwer, weil wir größtenteils das durchnahmen, was ich schon in der 9. Klasse hatte. Außerdem interessierte es Coach Tucker nicht besonders, ob wir nun arbeiteten, quatschten oder schliefen….
Nach Algebra gab es eine 30-minütige Mittagspause. In meiner ersten Woche saß ich immer ziemlich alleine am Tisch oder setzte mich erst gar nicht, weil ich nicht alleine sitzen wollte. Doch je länger ich zur Schule ging, desto mehr Freunde fand ich und (s)aß immer mit ihnen zusammen. Den Lunch konnte man entweder in der Schule kaufen oder selber von zu Hause mitbringen. Ich probierte beides aus und entschied mich letztendlich dafür, mein Mittagessen für ca. 2 Dollar in der Schule zu kaufen.
Nach der Pause hatte ich U.S. History. Dieser Kurs ist für alle Juniors neben einem Englischkurs Pflicht. Für mich war der Kurs relativ einfach, da mein Lehrer, Coach McInerney, uns vor jeder Arbeit die Antworten verriet und wir nun nur noch die Richtige aus vier möglichen Antworten finden mussten.
Die letzte Stunde des Tages sollte Spanisch sein. Der Spanischunterricht war im Großen und Ganzen immer ziemlich einfach, weil alles ungefähr dreimal wiederholt wurde und man ansonsten nur noch zu Hause Vokabeln lernen musste.
Um 14:30 Uhr war der Schultag dann für mich beendet. Doch schon kam die nächste Schwierigkeit. Ich musste meinen Schulbus finden. Hört sich zwar leicht an, war es nach einer Woche dann auch, aber am Anfang war es ganz und gar nicht. Vor der Schule parkten circa 50 Busse, die alle gleich aussehen, aber in verschiedene Richtungen fuhren, und ich musste den einen mit der Nummer 67 suchen. Das Ganze dann auch noch in gerade mal sieben Minuten. Schließlich habe ich es aber doch noch rechtzeitig geschafft und so „meinen“ Busfahrer Mr. Wait kennen gelernt. Er hat mich bei Regen sogar bis vor die Haustür gefahren, damit ich ja keinen Tropfen abbekomme.
Zu Hause angekommen war ich erstmal für ungefähr drei Stunden alleine mit einem Hund und zwei Katzen, da sowohl meine Gasteltern als auch mein Gastbruder arbeiten gingen. So hatte ich genug Zeit, meine Hausaufgaben zu machen, anzurufen oder einfach nur rumzusitzen und auf einem der sechs Fernseher meiner Gastfamilie fernzusehen. Meine Gasteltern und mein Gastbruder kamen jeden Tag gegen 18.00 Uhr nach Hause. Nachdem sie zu Hause waren, gingen wir fast jeden Tag zum Essen aus. In Houston und Umgebung gibt es unheimlich viele Restaurants, es ist also kein Wunder, dass ich in meiner Zeit dort in etwa
40-50 verschiedenen Restaurants war (McDonalds und BurgerKing mit eingeschlossen). Das Essen ist wirklich gut und manchmal wusste ich gar nicht, was ich von dem reichhaltigen Angebot der Speisekarte essen sollte. Nachdem ich aber auch diese Schwierigkeit gemeistert hatte, war mein Tag auch schon fast vorbei. Dann wurde abends einfach nur noch der Fernseher eingeschaltet und aus den über 400 Kanälen einen gute Sendung ausgesucht, die man dann mit etwas Popcorn genießt.

Was kann ich euch sonst noch über die USA erzählen? Sport wird dort auf jeden Fall sehr groß geschrieben und jeder ist eigentlich in irgendeinem Team für die Schule. So hatte meine Schule ein Football-, Baseball-, Basketball-, Eishockey-, Volleyball-, Wasserball-,
Schwimm-, Tennisteam, diverse Laufteams und natürlich Cheerleader und ein Drill Team.

Als ich in Houston war, hatte die Football-Saison gerade angefangen und mein Gastvater hat sich so ziemlich jedes Spiel angeguckt, was im Fernsehen übertragen wurde. Ich bin auch zu einer ganzen Menge High School Spielen gegangen. Besonders zu den großen – wie zu dem ersten der Saison und zum „Homecoming“.
Homecoming heißt neben dem Spiel auch einer der drei großen Bälle im Schuljahr. Am Freitag, dem Tag des Spiels bekommt jedes Mädchen, sofern sie ein Date für den Tanz hat, eine „Mum“. Das ist eine blumenartige, mit Schulfarben verzierte Rosette, die man sich ans T-Shirt steckt – bei einigen Mädchen größer als bei anderen. Die Jungs bekommen eine kleinere Ausführung, die sie sich an den Arm binden. Das ist für alle immer etwas ganz Besonderes und wird voller Stolz getragen.
Einen Tag später ist dann der Ball. Alle Mädchen mit Date werden zum Essen eingeladen und dann zum Ball gebracht. Da wird dann richtig getanzt und gefeiert (auch ohne Alkohol!). Dieser Ball ist eine noch größere Sache als das Spiel. Ich habe an diesem Samstagmorgen zwei Stunden beim Frisör verbracht, um auch ja gut auszusehen.
Ein weiterer sehr beliebter Sport ist Baseball. Die Saison in der Schule war zwar schon vorbei, aber das Profi-Team hatte noch die Hälfte aller Spiele vor sich. Ich habe mir mit meinem Gastvater zusammen alle möglichen Spiele angesehen und bin letztendlich ein richtiger Baseballfan geworden.

Hier zum Abschluss noch ein paar Kuriositäten aus Amerika:
1. Niemand geht auch nur den kleinsten Weg zu Fuß. Man fährt fast überall mit dem Auto hin, selbst wenn man vor einem Geschäft parkt und in das benachbarte gehen will.
2. Chips sind nicht etwa nur zum „Zwischendurch-Essen“ da, sondern vielmehr ein Grundnahrungsmittel, das sogar auf den Speisekarten in vielen Restaurants steht.
3. Einige Amerikaner denken, dass Bayern nicht zu Deutschland gehört, dafür aber Bulgarien.
4. Zu Halloween werden Süßigkeiten im Wert von circa 100 Dollar gekauft.
5. Noch niemand hat davon gehört, dass man Wasser mit Kohlensäure tatsächlich trinken kann.
6. Fast alle Lebensmittel sind fettfrei oder -reduziert, werden aber mit soviel Butter und Öl zubereitet, dass es gar keinen Unterschied macht.
7. Der Fernseher ist der Mittelpunkt des Alltags und läuft manchmal sogar 24 Stunden.
8. In Deutschland gibt es keine Busse und auch keine Toaster.
9. Deutschland wird von einem König regiert.

Alles in allem kann ich aber nur sagen, dass ich eine ganze Menge Spaß in Texas hatte – und das nicht nur, weil ich viel mit Freunden unternommen habe oder ich eine super Schule hatte, sondern auch, weil ich eine der besten Gastfamilien hatte, die man sich vorstellen kann!!!

Allen, die das „Abenteuer Amerika“ wagen wollen, wünsche ich genauso viel Freude, wie ich sie hatte!

Eure Tanja Fischer
 

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